Lutz Koch: Die Honsel-Formation im nord-westlichen Sauerland

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Die Honsel-Formation gehört zum Oberen Mitteldevon (Givetium) und befindet sich im Liegenden des Massenkalks. Die Schichten bestehen überwiegend aus grauen Feinsandsteinen. In die sandsteinreiche Schichtenfolge sind siltig-tonige Lagen sowie Korallenkalke eingeschaltet. Während die Unterhonsel-Formation zudem noch Rotschiefer-Horizonte enthält, ist die Oberhonsel-Formation frei von Rotschiefer-Einlagerungen.

Entstanden sind die Ablagerungen vor ca. 385 Millionen Jahren in einem flachen Meer auf dem inneren Schelf des Old-Red-Kontinentes in bewegtem Wasser bei einer Tiefe von nur wenigen Metern. Aus einem nördlich gelegenen Delta kam es zu Sandschüttungen, von wo aus auch Pflanzenreste in den Schelf befördert wurden. 

Paläogeographische Rekonstruktion des Rheinischen Schelfs zur Zeit des Mitteldevon. Die Küstenlinie liegt bei etwa 10° bis 20° südlicher Paläobreite 
(nach Langenstrassen 1982, verändert)

Allerdings besteht die Schwierigkeit, lokal begrenzte Korallenkalk-Horizonte stratigraphisch miteinander zu vergleichen, wie verschiedene Untersuchungen gezeigt haben. So kann auch nichts darüber ausgesagt werden, ob die Ennepetaler und Hagener Honsel-Kalkvorkommen z. B. mit den Kalk-Horizonten im Blattbereich Iserlohn parallelisiert werden können.

Im Hagener Raum finden sich zahlreiche Aufschlüsse, in denen die Honsel-Schichten studiert werden können: In Oberdelstern, am Berghang in Emst, am Burgberg in Hohenlimburg sowie am Klutertberg und Zuckerberg in Ennepetal.

Bei den in der Oberen Honsel-Formation vorkommenden Riffen, die meist lokal begrenzt sind und eine Ausdehnung von mehreren hundert Metern bis zu wenigen Kilometern haben, handelt es sich um Plateau-Riffe, d. h. geringmächtige Riff-Platten, die nur ein vergleichsweise kurzes Wachstum besaßen, da schon bald nach ihrer Entstehung ihr Wachstum durch Sedimentschüttungen beendet wurde. Bildner der Plateau-Riffe waren hauptsächlich Stromatoporen (koloniebildende schwammartige Lebewesen mit schichtiger Skelettstruktur) und Korallenkolonien; die Riffoberfläche hatten ästige Korallen, Bödenkorallen und Seelilien besetzt. In den zahlreichen Spalten und Rissen des Riff-Plateaus siedelten Brachiopoden. Freischwimmend bewegten sich leicht gekrümmte oder eingerollte Kopffüßer (Cephalopoden) in den riffnahen Gewässern. Weitere Lebewesen des Schelfmeeres waren Muscheln, Schnecken und Trilobiten. 

Brachiopode 
Spinocyrtia
(Carpinaria) ascendens (Spriestersbach).

Honsel-Formation (Givetium,  Mitteldevon), Hohenlimburg.
(Sammlung Koch)

Trilobit 
Dechenella burmeisteri
Rud. Richter 
(Pygidium mit Teilen des Thorax)
Honsel-Formation (Givetium, Mitteldevon), Hagen-Emst. 

(Sammlung Herwig)

 

Ästige Stromatopore
Honsel-Formation (Givetium, Mitteldevon), Hagen-Emst. 

(Sammlung Koch)

Bryozoenkolonie 
Fenestella
sp.
Honsel-Formation 
(Givetium, Mitteldevon), Hagen-Destern. 

(Sammlung Koch)

Das im Oberen Mitteldevon beginnende und häufig unterbrochene Riffwachstum setzte sich zum Ende des Mitteldevon und zu Beginn des Oberdevon weiter fort. Da über einen langen Zeitraum Sedimentschüttungen ausblieben, konnte sich ein langgestrecktes Riff im Rheinischen Schelf aufbauen, dessen Existenz heute durch den ca. 120 km langen Massenkalkzug am Nordrand des Bergischen Landes und des Sauerlandes angezeigt wird.

An zahlreichen Stellen ist der Kalkstein der Honsel-Formation verkarstet; u.a. sind ausgedehnte Höhlensysteme entstanden.

Einige Aufschlüsse sind geeignet, anhand des vorhandenen Profils die rasch wechselnden Sedimentationsbedingungen im Rheinischen Schelf zur Honsel-Zeit zu verfolgen:

Obere Siltsteinfolge: harter ungeschichteter graubrauner grober Sandstein mit eingelagerten braunen mulmig verwitternden Siltstein-Lagen mit z. T. lagenweise angereicherten Fossilien.
Obere Sandsteinfolge: feinkörniger grau-blauer bis grau-grüner bankig-plattiger Feinsandstein, der mehr oder weniger kalkhaltig sein kann und gelegentlich gut konservierte Fossilien enthält.
Obere Kalksteinfolge: dunkler, harter blauschwarzer fossilreicher Kalkstein mit Rifffauna.
Untere Sandsteinsteinfolge: feinkörniger grauer bis brauner bankig-plattiger Feinsandstein, teilweise mit laminierter Schichtung, nach oben zunehmend kalkhaltig.
Untere Siltsteinfolge: grober Sandstein und graubrauner sandiger Tonstein sowie brauner mulmig verwitternder Siltstein mit z. T. lagenweise angereicherten Fossilien.
Untere Kalksteinfolge: harter blauschwarzer Korallen-Stromatoporenkalk.

Diese Abfolge mit den beschriebenen Sedimenttypen spiegelt die unterschiedlichen Faziesbereiche während der Honsel-Zeit wider. Demnach sorgt eine lang anhaltende sedimentologische und paläogeographische Entwicklung mit rhythmisch wechselnden Ablagerungsbedingungen für das Entstehen und Absterben der Kleinriffe: Zunächst wird das tonig-siltige Substrat besonders von Bryozoen und Brachiopoden besiedelt. Danach folgen sich flach ausbreitende Bödenkorallen. Damit ist die Grundlage für die Siedlung von Riffbildnern (Korallen und Stromatoporen) geschaffen.


Aufschluss der oberen Kalksteinfolge (Ennepetal, Klutert).
Aufnahme: 1990


Herausgewitterte Strukturen in der unteren Kalksteinfolge 
(Ennepetal, Klutert). 

Rugose Korallenkolonie 
Disphyllum
hexagonarium (Goldfuss)

Rugose Korallenkolonie 
Disphyllum
caespitosum (Goldfuss)



Bödenkoralle  
Thamnopora
sp. und Brachiopode Stringocephalus sp..

Bödenkoralle  
Favosites
sp. 

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© Text und Fotos: Lutz Koch (17.05.2006)