Lutz
Koch:
Oberdevon
und Kulm in der Umgebung von Hagen und Iserlohn |
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Nachdem am Ende des Oberen Mitteldevon (Givet-Stufe) der Höhepunkt des Riffwachstums überschritten war, reichten nur noch einzelne Riffbildungen bis ins Oberdevon. Das verstärkte Absinken des Meeresbodens konnte durch die Riffbildner nicht mehr kompensiert werden: Die Riffe "ertranken", und es bildeten sich Becken und Schwellen mit unterschiedlicher Sedimentation. Der Gegensatz zwischen
Becken- und Schwellenfazies wird nördlich von Wuppertal im Niederbergischen
deutlich durch die Verzahnung beider Bereiche: In der Schwellenfazies
zeigen sich vornehmlich kalkige Ablagerungen, in der Beckenfazies finden
sich hauptsächlich schiefrig-tonige Sedimente.
Im Gegensatz zu den unterkarbonischen Schichten der Schwellenfazies, die als "Kohlenkalk" bezeichnet werden, werden die tonigen Ablagerungen der Beckenfazies des Unterkarbon auch "Kulm" genannt. Kulm-Schiefer (Kulm III) waren lange Zeit gut aufgeschlossen bei Grürmannsheide. Die geborgene Fauna besteht aus Muscheln, Hyolithen, Cephalopoden, Brachiopoden, Trilobiten, Seelilien und Resten von Fischen. Der untere Bereich der Schiefer von Grürmannsheide ist etwa altersgleich mit den Schiefern von Aprath (nordwestlich von Wuppertal). Aufgrund ihrer langen Erforschungsgeschichte (seit 1857) und ihres Fossilreichtums (über 200 Arten) gelten die Aufschlüsse bei Aprath als "Klassische Fundstellen" (siehe Bibliographie). Zudem wurden im Jahre 1987 beim Bau der Bundessstraße 224n die Schichten erneut und besonders gut aufgeschlossen, was zu Sammlungsaktivitäten und neuen wissenschaftlichen Ergebnissen führte.
Großen Raum bei der wissenschaftlichen Bearbeitung des Oberdevon nehmen die Event-Forschung, sowie stratigraphische Untersuchungen an der Devon-Karbon-Grenze ein. Zwei Bio-Events haben
große Bedeutung, auch für die Oberdevon- und Unterkarbon-Fauna
im nördlichen Sauerland, da sie im Bereich verschiedener Tiergruppen
zum Aussterben zahlreicher Gattungen und damit zu einem Faunenschnitt
führten. Dies sind der "Kellwasser-Event" an der Grenze
zwischen Frasnium (Unteres Oberdevon) und Famennium (Oberes Oberdevon)
sowie die "Hangenberg-Krise" an der Devon-Karbon-Grenze (vor
358 Mill. Jahren). Die Erforschung des
Oberdevon und Unterkarbon ist eng verbunden mit der Grenzziehung zwischen
Devon und Karbon. Diese stratigraphisch wichtige Devon-Karbon-Grenze verläuft
im nordwestlichen Sauerland geographisch in Ost-West-Richtung, in geologischer
Ausbildung bestehen jedoch große Unterschiede. Zwischen Hagen und
Gevelsberg verläuft diese Grenze aufgrund einer Störung (Ennepe-Störung)
mit einer Schichtlücke von ca. 5.000 m Sediment. Östlich von
Hagen dagegen besteht die Möglichkeit, Aufschlüsse zu entdecken,
welche die Grenze zwischen Oberdevon und Unterkarbon lückenlos zugänglich
machen. Ein solches Profil findet sich auch im Hasselbachtal westlich
von Letmathe und wurde von einer internationalen Forschergruppe untersucht
(siehe Bibliographie). <
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zu Oberdevon und Kulm > © Text und Fotos: Lutz Koch (letzte Aktualisierung: 17.05.2006) |